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18.03.2005

HRSC Bildserie #178 - Hour Glass (Orbit 0451)
HRSC Press Release #178 - Hour Glass (orbit 0451)

Auf dem Mars gab es vor wenigen Millionen Jahren noch Gletscher
A few million years ago there were still glaciers on Mars


Ergebnis aus Mars Express-Aufnahmen: Eis könnte noch heute unter Marsstaub vorhanden sein; Hinweise auf Klimawandel in jüngerer Zeit?

Results from Mars-Express Images: Today there could still be ice underneath Mars dust; Indications for climate change in recent times


 
 Perspektive / Perspective view Diese ungewöhnliche Struktur mit Spuren eines Gletschers befindet sich am Ostrand der Hellas-Tiefebene. Zwischen einigen mehrere tausend Meter hohen Bergen strömte ein so genannter Blockgletscher, ein Eisstrom mit einem hohen Anteil an Felsschutt, von einer Flanke des Massivs zunächst in einen neun Kilometer großen schüsselförmigen Einschlagskrater (links), der fast bis zum Rand aufgefüllt wurde. Wie ein zäher, schlieriger Brei schob sich der Blockgletscher, begünstigst durch das Gefälle, weiter in einen 500 Meter tiefer gelegenen, 17 Kilometer durchmessenden Krater.

This unusal structure with traces of a glacier is located at the eastern rim of the Hellas Plain. A so-called block glacier, an ice stream with a large amount of rock scree, flowed from a flank of the massif past mountains with a height of several thousand metres into a bowl-shaped nine kilometre sized impact crater (left), which has been filled nearly to the rim. The block glacier further flowed into a 17 kilometre sized crater 500 metres below, taking advantage of downward slope.



 
 Aufnahmestreifen / Image Footprint Die Marsoberfläche wurde bis vor wenigen Millionen Jahren auch in mittleren Breiten und sogar in Äquatornähe von Gletschern geprägt. Noch heute könnte Wassereis in geringer Tiefe als „fossiles“ Überbleibsel dieser Gletscher anzutreffen sein. Dies geht aus zwei Artikeln hervor, die von James Head von der Brown University in Providence (Rhode Island, USA) und Ernst Hauber, einem Planetengeologen vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin, zusammen mit einer Gruppe von Wissenschaftlern aus dem HRSC-Team der ESA Mars Express Mission verfasst wurden. Die Aussagen stützen sich auf die Auswertung von hochauflösenden Bildern der Marsoberfläche, die von der Mission Mars Express der europäischen Weltraumorganisation ESA aufgenommen wurden. Die beiden führenden Autoren sind Mitglieder des internationalen HRSC-Wissenschaftsteams, das von Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin) geleitet wird, der, wie auch seine Mitarbeiter Stephanie Werner und Stephan van Gasselt ebenfalls Co-Autor der Veröffentlichungen ist. Die Ergebnisse werden am 17. März 2005 zusammen mit einem Artikel des HRSC-Teams mit dem führenden Autor John Murray von der Open University in London über die Entdeckung eines zugefrorenen Sees in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht (wie bereits in der Pressemitteilung vom 22.02.2005 berichtet).

The Martian surface at mid latitudes and even near the equator has been shaped by glaciers until a few million years ago. Today, water ice could still exist at shallow depths as “fossil” remnants of these glaciers. These are the conclusions of two articles, written by James Head from Brown University in Providence (Rhode Island, USA) and Ernst Hauber, a planetologist at the German Aerospace Center (DLR) in Berlin, together with a group of scientist of the HRSC Team of the ESA Mars Express Mission. This analysis was derived from the study of high resolution images of the Martian surface taken from the European Space Agency’s Mars Express Spacecraft. The two principal authors are members of the international HRSC science team led by Gerhard Neukum, who is co-author of these publications along with Stephanie Werner and Stephan van Gasselt. These results will be published in Nature, March 17, 2005, together with an article of the HRSC Team with the leading author John Murray from Open University in London discussing the discovery of a frozen lake (what was already presented by the Press on 22 February 2005).

 
 RGB Farbbild / RGB Colour Image Die Oberflächenstrukturen wurden in Aufnahmen der deutschen High Resolution Stereo Camera (HRSC) identifiziert, die seit mehr als einem Jahr an Bord der Mars Express Sonde den Roten Planeten umkreist und unseren Nachbarplaneten in hoher Auflösung, in Farbe und in „3D“ fotografiert. Sie zeigen Fließformen, die vermutlich von Gletschern oder „Blockgletschern“ (einer Mischung aus Eis und Gesteinsbruchstücken unterschiedlicher Größe) gebildet wurden.

Zahlreiche konzentrische Höhenrücken erinnern an Endmoränen: Geröllwälle, die ein wachsender Gletscher mit sich transportiert und dann nach seinem Rückzug zurückbleiben. Außerdem sind parallelverlaufende, streifenartige Strukturen zu sehen, die von den Autoren als Mittelmoränen interpretiert werden, welche die Fließrichtung der Gletscher anzeigen. An Stellen, wo die Gletscher über steilere Geländeabschnitte führten, sind Spalten zu erkennen: In ähnlicher Weise entstehen in Gletschern auf der Erde Spalten in einem Eisbruch, wo die Zugspannungen innerhalb des Eises wegen des größeren Gefälles und des unebenen Geländes zunehmen.

Weitere glaziale Merkmale sind längliche, mehrere Kilometer lange parallele Riefen und langgezogene Hügel, die auf den Oberflächen von Bergrücken in einiger Entfernung zu den möglicherweise vergletscherten Gebieten beobachtet werden. Die Hügel ähneln sogenannten Drumlins, Strukturen, die unter dem Eis durch das Aufgleiten des Gletschereises und dadurch bedingtes Zusammenschieben abgeschürften Materials entstehen. Auf der Erde treten Drumlins in ehemaligen eiszeitlichen Regionen wie dem bayerischen Voralpenland auf. „Wir sehen hier eine ganze Reihe glazialer Strukturen in einem konsistenten räumlichen Zusammenhang. Das festigt unsere Überzeugung, hier tatsächlich frühere Marsgletscher zu sehen“, sagt Hauber.

These surface structures were identified in images taken by the German High Resolution Stereo Camera (HRSC), which has been operating for more than a year, orbiting Mars onboard Mars Express and photographing our neighbouring planet with high resolution, colour and “3D”. These images show flow features most likely formed by glaciers or block glaciers (i.e. a mixture of ice and scree of assorted sizes). In geology, structures derived from glaciers are denoted glacial.

Numerous concentric ridges are visible and appear similar to end moraines: hills of scree that form as an extending glacier pushes material ahead and remain after its retreat. Furthermore, there are parallel stripelike structures that the authors interpret as middle moraines, displaying the flow direction of these glaciers. In locations where glaciers creep over steep terrain, cracks are visible. In a similar manner, cracks are formed within terrestrial glaciers when tensile stress within the ice increases due to greater slope and uneven terrain.

Further, glacial features include elongated grooves, extending several kilometres, and elongated hills observed on the surface of mountain ridges some distance from potentially glaciated areas. These hills could be analogous to so-called drumlins, structures formed beneath ice by glacial flow resulting in compression and accumulation of abraded material. On earth, drumlins appear in formerly glaciated regions such as Germany’s Bavarian alpine uplands. Hauber notes, ‘Here we see several glacial structures in a consistent spatial context. This confirms our conviction to really see former glaciers on Mars.”

 
 Rot-Cyan Anaglyphe / Red-cyan anaglyphe Besonders interessant ist das Alter der glazial geprägten Oberflächen. Diese sehen in weiten Gebieten der von den Autoren entdeckten ehemaligen Vergletscherung ziemlich „intakt“ aus, denn typische Anzeichen für massiven Eisverlust – wie zum Beispiel „Toteishohlformen“, wie sie heute in vielen ehemalig vergletscherten Gebieten anzutreffen sind – fehlen fast vollständig. Die statistische Auswertung der Anzahl von Kratern, die dort durch Meteoriteneinschläge entstanden sind und zur Altersbestimmung der Flächen herangezogen werden, zeigt, dass die Landschaft in ihrer heutigen glazialen Ausprägung zum Teil erst vor einigen Millionen Jahren entstanden ist. In der Planetengeologie gelten solche Alter als extrem jung.

Eis ist an der Marsoberfläche in diesen Breitengraden unter der gegenwärtigen, extrem dünnen Marsatmosphäre über längere Zeiträume nicht stabil. Es würde bei dem herrschenden geringen Luftdruck sublimieren, also direkt vom festen in den gasförmigen Zustand übergehen, und dann aus der Atmosphäre ins All entweichen – auch wenn es heute am Äquator des Mars in der Theorie kalt genug ist für die Existenz von Gletschern: Selbst an einem Sommertag steigt die Temperatur maximal auf etwa 20 Grad Celsius; in den Nächten und vor allem im Winter sinken die Temperaturen oft auf unter minus 50 Grad Celsius ab.

Die Gletscher müssen sich also bis vor wenigen Millionen Jahren in einer damals anderen, einer wärmeren und vielleicht auch dichteren Atmosphäre gebildet haben und wurden dann inaktiv oder bildeten sich mangels Eisnachschub zurück. Seither werden sie von einer dünnen Oberflächenschicht aus Staub vor Sublimation geschützt. Staub ist auf dem Mars fast allgegenwärtig und würde auch erklären, warum das möglicherweise in nur wenigen Metern Tiefe noch heute vorhandene „fossile“ Eis nicht von anderen Instrumenten wie beispielsweise Spektrometern entdeckt werden kann.

Treffen die Schlussfolgerungen der Forscher zu, weisen die Resultate auf einen Klimawechsel auf dem Mars innerhalb der letzten Millionen Jahre hin. Derart dramatische Klimawechsel werden seit geraumer Zeit in der Marsforschung diskutiert und könnten ihre Ursache in einer im Lauf der Jahrmillionen um große Neigungswinkel schwankenden Polachse des Mars haben, ein seit längerem bekanntes Phänomen. Die Entschlüsselung der Klimageschichte des Mars ist eine der Hauptfragen, die mit den aktuellen Marsmissionen wie Mars Express geklärt werden soll. Die Forscher interessiert vor allem, wann und über welche Zeiträume auf dem Mars Wasser und Eis vorhanden waren.

 
 Kontextkarte (MOLA) / Context Map (MOLA) Of particular interest is the age of these glacially shaped surfaces, which seem to be fairly intact over a wide area of the former glaciated terrain. Typical evidence for a significant loss of ice volume, such as kettle holes present in ice-free regions of Iceland, are almost entirely missing. The statistical analysis of the number of craters formed by meteorite impacts used for age determination shows that part of the surface with its present day glacial characteristic has been formed only a few million years ago. In planetology, this age range is considered to be extremely young.

In these latitudes, ice on MarsÂ’ surface is not stable over a long period of time due to the extremely thin atmosphere. Under prevailing atmospheric pressure, it would sublimate, meaning it is transformed directly from solid to gaseous state, and then escape from the atmosphere into outer space, even though it is in theory cold enough to allow for the existence of glaciers at the equator, where summer day temperatures rise to a maximum of 20 degrees Celsius while night and winter time temperatures often drop below minus 50 degrees.

Therefore, glaciers must have formed until a few million years ago, in a time that was warmer and possibly also had a thicker atmosphere, and then became inactive or retreated due to the lack of continued supply of ice. Since then, they have been protected from sublimation by a thin dust layer. On Mars, dust is almost ubiquitous and would explain why “fossil” ice present at depths of only a few metres could not be detected by other instruments such as spectrometers.

If these conclusions of the scientists are true, the results would indicate a climate change on Mars within the last million years. Such a dramatic climate change, which could have originated from liberation of the polar axis over millions of years – a phenomenon long known to scientists- has been discussed for a fairly long time among Mars researchers. Deciphering Mars’ climate history is one of the main questions to be answered by current Mars missions like Mars Express. Researchers are primarily interested in when and for which periods of time water and ice has been present on Mars.

Die Farbansichten wurden aus dem senkrecht blickenden Nadirkanal und den Farbkanälen erstellt, die Schrägansicht wurde aus den Stereokanälen der HRSC berechnet. Die Anaglyphen werden aus dem Nadirkanal und einem Stereokanal abgeleitet. Die schwarzweißen Detailaufnahmen wurden dem Nadirkanal entnommen, der von allen Kanälen die höchste Auflösung zur Verfügung stellt.

The colour scenes have been derived from the three HRSC-colour channels and the nadir channel. The perspective views have been calculated from the digital terrain model derived from the stereo channels. The anaglyph image was calculated from the nadir and one stereo channel. The black and white high resolution images were derived form the nadir channel which provides the highest detail of all channels.

Das Kameraexperiment HRSC auf der Mission Mars Express der Europäischen Weltraumorganisation ESA wird vom Principal Investigator Prof. Dr. Gerhard Neukum (Freie Universität Berlin), der auch die technische Konzeption der hochauflösenden Stereokamera entworfen hatte, geleitet. Das Wissenschaftsteam besteht aus 40 Co-Investigatoren aus 33 Institutionen und zehn Nationen. Die Kamera wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter der Leitung des Principal Investigators (PI) G. Neukum entwickelt und in Kooperation mit industriellen Partnern gebaut (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH und Jena -Optronik GmbH). Sie wird vom DLR -Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof betrieben. Die systematische Prozessierung der Daten erfolgt am DLR. Die Darstellungen wurden vom Institut für Geologische Wissenschaften der FU Berlin in Zusammenarbeit mit dem DLR-Institut für Planetenforschung erstellt.

The High Resolution Stereo Camera (HRSC) experiment on the ESA Mars Express Mission is led by the Principal Investigator (PI) Prof. Dr. Gerhard Neukum who also designed the camera technically. The science team of the experiment consists of 40 Co-Investigators from 33 institutions and 10 nations. The camera was developed at the German Aerospace Center (DLR) under the leadership of the PI G. Neukum and built in cooperation with industrial partners (EADS Astrium, Lewicki Microelectronic GmbH and Jena-Optronik GmbH). The experiment on Mars Express is operated by the DLR Institute of Planetary Research, through ESA/ESOC. The systematic processing of the HRSC image data is carried out at DLR. The scenes shown here were created by the PI-group at the Institute for Geological Sciences of the Freie Universitaet Berlin in cooperation with the German Aerospace Center (DLR), Institute of Planetary Research, Berlin.



Die drei Fachaufsätze:
Ernst Hauber, Stephan van Gasselt, Boris Ivanov, Stephanie Werner, James Head, Gerhard Neukum, Ralf Jaumann, Ron Greeley, Karl L. Mitchell, Peter Muller, und das HRSC Co-Investigatorenteam, Discovery of a flank caldera and very young glacial activity at Hecates Tholus, Mars, Erscheinungsdatum: 17. März 2005 in Nature [ www.nature.com ].

James W. Head, Gerhard Neukum, Ralf Jaumann, Harald Hiesinger, Ernst Hauber, Mike Carr, Philippe Masson, Bernard Foing, Harald Hoffmann, Mikhail Kreslavsky, Stephanie Werner, Sarah Milkovich, Stephan van Gasselt und das HRSC Co-Investigatorenteam, Tropical to mid-latitude snow and ice accumulation, flow and glaciation on Mars, Erscheinungsdatum: 17. März 2005 in Nature [ www.nature.com ].

John Murray, Jan-Peter Muller, Gerhard Neukum, Stephanie Werner, Stephan van Gasselt, Ernst Hauber, Woijtech Markiewicz, James W. Head, Bernard Foing, David Page, Karl L. Mitchell, Gianna Portyankina und das HRSC Co-Investigatorenteam, Evidence for a frozen sea close to MarsÂ’ equator. Erscheinungsdatum: 17. März 2005 in Nature [ www.nature.com ].


© Copyright: ESA/DLR/FU Berlin (G. Neukum)

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Kontextkarte (MOLA) /

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Aufnahmestreifen /

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RGB Farbbild /

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Rot-Cyan Anaglyphe /

Red-cyan anaglyphe

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Stand: 18.07.2012

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